Tobias Wessel
Learning to fly
„Musik ist mein Reichtum." Welche drei Dinge jemand, der das von sich sagt, mit auf die einsame Insel nehmen würde, ist klar: „Gitarre, Plattensammlung, CD-Player"'. Tobias Wessel ist 33, seit 1997 Berufsmusiker, in den sieben Jahren zuvor Pädadogik-Student und Betreuer in einem Behindertenwohnheim. Zum Interview erscheint er stilecht in Lederhose mit Augenringen.

Der Gießener hat sich längst zur Lokalgröße gemausert, ist bekannt durch zahlreiche Auftritte, beispielsweise im Marburger „Molly Malone's". Begonnen hat seine musikalische Leidenschaft mit 10. Er besuchte einen Volkshochschulkurs und entdeckte sein Talent. Er träumt davon, wieder in einer Band zu spielen, aber vor dem Beginn seiner professionellen Solo-Karriere scheiterten alle Projekte, weil er „immer mehr wollte, als ein Hobbymusiker zu bleiben.“ Beim Schreiben eigener Songs haben ihn bisher „Bob Dylans fantastische Texte" blockiert. „Ich warte immer noch darauf, dass ich diesen Knoten mal löse." 

Wo „Akustik- Rock, Blues & Balladen" drauf steht, ist übrigens noch mehr drin. Zur Gitarre singt er Songs der Beatles, der Stones, Bob Dylans. Und darüber hinaus hat er „die Antennen ausgefahren“, wie er es nennt: pflegt einen engen Kontakt zum Publikum. „Wenn ich merke, dass eine Interaktion stattfindet, wenn die Leute sich mitreissen lassen, mitsingen, tanzen, feiern, Witzchen machen, wenn die Begeisterung überspringt - das sind die Momente, wegen der ich das alles mache“, und wer sich von seinem „dreggischen Blues“ nicht begeistern lässt, ist selber schuld. Er genießt es, sich seinen Traum erfüllt zu haben. Wenn es mal einen Abend nicht läuft, „dann denk ich immer noch; drei Stunden mit der Gitarre verbracht zu haben, ist besser als so manches andere, was ich in meinem Leben gemacht habe". Nicht umsonst antwortet er auf die Frage, welchen Titel er als Motto über sein Leben stellen würde: „Learning to fly“.

Giessener Express 06 / 02 <<< zurück >>>