Tobias Wessel ist häufiger Gast auf Marburgs Bühnen

Musiker aus Leidenschaft

 Marburg  (nas). Was macht einen Musiker aus, der mit Akustik-Rock, Blues und Balladen durch die Kneipen zieht? Gitarre? Sowieso. Lederhose und Dreitagebart? Auch das. So weit, so Tobias Wessel. Sex, Drogen and Rock'n Roll aber mitnichten. Der Gießener Musiker, ein häufiger Gast in der Marburger Musikszene, raucht nicht, treibt regelmässig Sport und hat keine Sehnsucht nach dem Zigeunerleben eines Stars. Und das mit den Groupies ist auch nicht das, was gängige Klischees vermuten lassen.


 „Wenn ich das nur wegen der Frauen machen würde", lacht Tobias Wessei, „wäre ich längst nicht mehr dabei. Musik ist einfach meine Leidenschaft." Dabei sind natürlich die Frauen daran schuld, dass er angefangen hat, Musik zu machen. Zwei Frauen im Speziellen: Seine Mutter, wegen deren Volkshochschulkurs zuhause „die Gitarre rumflog", und eine Mitschülerin, die er als Zehnjähriger beeindrucken wollte.
 Er begann zu spielen und merkte, dass es ihm „so leicht fiel wie nichts anderes. Das muss ich in einem früheren Leben schon mal gemacht haben". Als er älter wurde, war das Spielen Therapie für ihn, sagt er. Die Musik zum Beruf zu machen, war schon immer sein Traum. Allerdings schlug er nach seiner Schulzeit in Göttingen erst einmal einen ganz anderen Weg ein und studierte Diplompädagogik in Gießen. Sieben Jahre hat er in einem Behindertenwohnheim gearbeitet, bevor
er sich dann vor vier Jahren entschloss, mit der Musik auch seinen Lebensunterhalt zu verdienen.


 Wessel spielt das, was er auch privat gern hört und als „beseelte Rockmusik" bezeichnet: die Stones, die Beatles, Bob Dylan. „Mit Tanzmusik könnte ich zehnmal mehr verdienen", erzählt er. „Aber wenn ich nicht mit dem Herzen dabei wäre, würde es nicht funktionieren. Und ich glaube, das merkt man mir auch an."

Eine Stimme voll Power und Gefühl

 Das tut man in der Tat. Die Musik allein wäre ein Grund, zu seinen Auftritten zu kommen. Seine Stimme hat Power und Gefühl, ist mal rauh, mal samtig, mal sexy. Aber es ist mehr als die Musik, die Tobias Wessels Auftritte ausmachen. Er liebt es, mit dem Publikum zu spielen, auf die Stimmung eines Abends zu reagieren und mit den Menschen rundum zu kommunizieren.

Die erste CD ist in Arbeit

 Neben seinen Auftritten bastelt er momentan an seiner ersten CD im Butzbacher Tonstudio Fauerbach. Er spielt fast alle Instrumente selbst ein - „keine Mätzchen, keine technischen Spielereien". Dass er immer wieder nach einer CD gefragt wurde, hat ihn selbst überrascht, „weil es die Lieder doch alle schon gibt". Aber nicht von ihm. Und er hat nicht nur seinen eigenen Stil, sondern auch seine eigene Meinung, was die Branche angeht.
 Wessel hasst Musikvideos, findet die 80er, die gerade ein Revival feiern, „eine furchtbar trübe Zeit" und prophezeit, Britney Spears werde in 30 Jahren garantiert niemand mehr hören. Und allein den Namen spricht er aus wie eine Krankheit. „Ein Lied wie ,Hey Jude'", meint er, „das ist wie guter Wein und reift mit der Zeit".

Marburger Neue Zeitung 13.05.2002 <<< zurück >>>